Sammlung verschiedener Blogs zum Thema Autismus

Auf dieser Seite möchten wir euch die neuesten Beiträge verschiedener Blogs mit Informationen rund um das Thema Autismus zentral und einfach zugänglich zur Verfügung stellen.

Bitte beachtet, dass die Beiträge automatisiert von den einzelnen Blogs geladen werden und wir keinen Einfluss auf deren Inhalte haben. Selbstverständlich prüfen wir regelmäßig, ob einer der Beiträge gegen Gemeinschaftsrichtlinien verstößt und entfernen diesen in einem solchen Fall. Sollte dir dennoch einmal ein Beitrag auffallen, der beleidigend ist oder gegen die Netiquette verstößt, schreibe uns doch bitte eine Email mit einem Hinweis auf den entsprechenden Beitrag und warum du findest, dass dieser dagegen verstößt.

Wenn du selbst einen Blog zum Thema Autismus hast und mit in den "Planet" aufgenommen werden möchtest, kannst du dich ebenfalls gerne bei uns melden und wir klären die Details. Voraussetzung ist nur, dass der Blog ausschließlich auf das Thema Autismus ausgerichtet (oder du einen eigenen Feed für diese Kategorie hast) und als RSS-Feed abrufbar ist.

Ellas Blog

Gastbeitrag von Maria, Autistin: Hallo, liebe Leserinnen und Leser von „Ellas Blog“,den Beitrag über Autismus im Gesundheitssystem kann ich mal wieder nicht kommentieren, daher schreibe ich einen eigenen Gastbeitrag. In dieser Woche war ich bei einer Routine-Untersuchung. Nebenbei für die, die es interessiert: es ist alles in Ordnung. Mit meinen

The post Tipps für Arztbesuche von Maria (Autistin) appeared first on Ellas Blog.

Ellas Blog

Wer einen autistischen Angehörigen hat, weiß, dass das Thema „Übergänge“ sehr sensibel ist und meist gut vorbereitet werden muss. Was aber, wenn eine Situation, die einen Übergang bedeutet, gar nicht als solche erkannt wird?Und wie kann man Übergänge überhaupt gut vorbereiten?Was sollte ich beachten, überlegen und an andere Personen als

The post Autismus und Übergänge gestalten – eine Herausforderung, die gelingen kann appeared first on Ellas Blog.

Ellas Blog

Die kleine Auszeit, die es Ende September im Blog gab, hatte den guten Grund, dass Niklas nach seinen ersten vier Wochen in der Förderstätte seinen wohlverdienten Urlaub nahm. In unserem turbulenten Sommer, in dem wir lange Zeit nicht wussten, ob der Übergang in die Förderstätte klappen wird, mussten wir uns

The post Der erste Urlaub nach vier Wochen Förderstätte – der Übergang ist geglückt appeared first on Ellas Blog.

Gar keine Frage. Welches Kind ist denn bitte nicht besonders? Und dann noch dazu das erste Baby. Alles ist neu und aufregend. Vieles hat man schon von Freunden oder in der Familie gesehen, wenn Nachwuchs da war. Aber es dann selbst zu erleben, ist doch noch mal eine Erfahrung der ganz besonderen Art. So ging es uns auch mit unserem Philipp. Allerdings sorgte er doch immer wieder für eine Überraschung, die uns doch schmunzeln ließ oder auch schon mal verzweifeln. Zu diesem Zeitpunkt waren wir aber weit davon entfernt, daran zu denken, dass irgendetwas bei ihm anders wäre. Er war halt einfach besonders. Besonders anders. Viele unserer Beobachtungen, ließen uns erst mit der Zeit und im Nachhinein zu der Überlegung kommen, dass da einfach noch mehr ist.

Philipp war ein sehr ruhiges und ausgeglichenes Baby. Sofern wir alleine waren. Sobald sich etwas daran änderte, war er nervös und weinte. Es fing an, dass er absolut nicht gestillt werden konnte, sobald beispielsweise mein Vater zu uns rüber kam. Wenn es ums Stillen ging, war es nicht grundsätzlich kompliziert mit ihm, er trank gut und alles hatte prima geklappt. Allerdings hatte er dann mit ungefähr zwei Monaten das Stillen komplett verweigert. Wir vermuten, natürlich jetzt im Nachhinein, dass die Anwesenheit seiner Cousinen, die damals für einige Tage bei uns waren, ihn durcheinander gebracht haben. Auch mit der Flasche war er kaum zu füttern, Milch schien für ihn absolut kein Hochgenuss zu sein. Bisschen besser wurde es, als er dann bereits mit drei Monaten feste Nahrung bekam. Milch hatte er dann mit etwa neun Monaten komplett verweigert und hatte erst vor etwa zwei Jahren wieder angefangen Milch zu trinken.

Von seinem Trink- und Essverhalten mal abgesehen, war eines schnell klar. Philipp war total überfordert, wenn Besuch bei uns war und noch schlimmer, wenn irgendwelche Feiern waren. Wir sind eine große Familie und bei uns ist immer viel los, auch im Alltag ist immer etwas geboten. Also er war bestimmt nicht sensibilisiert und war dann geschockt, wenn plötzlich Trubel ausbrach. Aber egal, was auch für eine Feier war, Philipp weinte und weinte. Er ließ sich nicht beruhigen. Er schwitzte sehr schnell. Darum war das erste, was wir immer machten, ihm etwas auszuziehen. Ein Baby, im Winter, das im Haus nur im leichten Body war, weil alles andere zu heiß war und das obwohl man nur mäßig einheizte. Bloß keinen Fußsack in der Maxicosi oder im Kinderwagen... Naja, das Ausziehen half jedenfalls, wenn auch nur kurz, weiter. Meist ließ er sich aber absolut nicht beruhigen. Wenn nicht oft die Tante mit ihren bunten Tüchern und ihrer ruhigen Art, die sie als erfahrene Mama mitbrachte, für Ablenkung gesorgt hätte, wäre für uns so manche Feier schon nach kurzer Zeit vorbei gewesen. Unser erstes gemeinsames Weihnachten, mit Besuch von den Großeltern, verbrachte ich noch vor der Bescherung mit Philipp im Schlafzimmer, weil er nicht mehr aufhörte zu schreien. Das selbe  an Silvester. Seine Taufe, eine einzige Katastrophe, ab Kaffee und Kuchen ging nichts mehr. Alle Versuche ihn zu beruhigen waren vergebens. Wir hatten es damals einfach als relativ normal gesehen, da ja viele Babys anfängliche Anpassungsschwierigkeiten haben. Und als ja dann die Diagnose mit der Schwerhörigkeit kam, hatten wir, so dachte man, eine Erklärung. Sein Verhalten, wie er sich auf Familienfeiern und größeren Menschenaufläufen benimmt, hat sich einfach bis jetzt nicht geändert. Jetzt weint er halt nicht mehr, sondern verkriecht sich dann irgendwo. Sind wir draußen unterwegs und es sind viele Menschen um uns rum, auf Märkten oder so, dann konzentriert er sich auf die Pflastersteine, schaut entweder konsequent, dass der Fuß genau auf einen Stein tritt oder bückt sich alle paar Schritte und muss die Steine anfassen.

Philipp wuchs heran und irgendwie war er in allem einfach langsamer. Wir machten uns keinen Stress deshalb. Jedes Kind hat seine eigene Geschwindigkeit. Und irgendwie war er auch immer so mit ach und krach innerhalb der "Norm". Der Kinderarzt war zufrieden.

Die Abweichung, dass er sich nicht ganz altersgemäß entwickelte, wurde erst später immer deutlicher. Angefangen alleine beim laufen lernen, das er erst mit etwa 21 Monaten konnte. Dann entwickelte er Eigenarten, die uns manchmal in Erstaunen setzten und die auch manchmal lustig waren. Spielen war irgendwie nie so sein Ding. Mama, die am Boden saß, um mit ihm etwas zu spielen, wurde gänzlich ignoriert. Wenn er sich denn schon mal mit etwas zum Spielen beschäftigte, durfte man ihn nicht stören. Er ist dann auch schon einfach mal weg oder hat einem zumindest den Rücken zugedreht. Wir haben das nicht verstanden. So ein Verhalten kannten wir absolut nicht. Und auch, wenn wir natürlich immer den Kontakt zu Philipp suchten, egal auf welche Art und Weise, ob es im Spiel, in der Kommunikation oder mit Kuscheln war, so war es schon ein Stück weit frustrierend, dass von ihm einfach so wenig bis gar nichts zurückkam. Irgendwann fing er dann an, dass er im ganzen Raum Bücher aufgestellt hatte. Jedes wurde ganz lange ausgerichtet. Fiel eines um, dann wurde es wieder genauso aufgestellt. Passierte dies mehrmals, dann war eine Krise vorprogrammiert. Keines durfte verrutscht oder weggenommen werden. Anfänglich fanden wir es etwas lustig, bis wir dann eben den Verdacht auf Autismus hatten.

Viele der Dinge, die er machte, passten einfach.

Er machte aus seinem Käse beispielsweise winzige kleine Stückchen und klebte diese an die Wand. Ja, an die Wand. Und nein, wir fanden es natürlich nicht lustig, wenngleich wir auch beim ersten mal mehr als verwundert waren. Wir hatten ihm jedes mal gesagt, dass er das nicht machen darf. Aber er machte es immerfort. Wir nahmen den Käse wieder ab, er bekam eine Krise, beim nächsten Essen mit Käse, machte er es wieder. Er malte winzige Bilder an die Wand und saß dann wirklich geraume Zeit davor, befühlte sie wieder und schaute sie intensiv an. Da wir ohnehin bald Streichen wollten, drückten wir da ein Auge zu. Irgendwie schien es ihn zu beruhigen. Er war dabei fast wie in Trance.  Auffällig war auch, sein Interesse an Licht. Damit meine ich jetzt nicht nur, das bloße ein- und ausschalten von Licht, was jedes Kind in der Kleinkind-Entwicklung gerne macht. Nein, er war fasziniert davon. Egal, wo wir hin kamen, das erste, was er sagte "mpe", sein Wort für Lampe und eines seiner ersten Worte überhaupt. Diese Begeisterung hält eigentlich bis heute an. Egal wo, es werden Lichter ein- und ausgeschaltet. Gerne in Arztpraxen oder in Situationen, wo wir warten müssen oder er sich etwas unwohl fühlt, lenkt Philipp sich so ab.

Keine Frage. Seine Auffälligkeiten, seine Besonderheiten, wichen für uns immer weiter von dem ab, was wir als "normal" kannten. Einige Dinge behielt er über längeren Zeitraum so bei, manche sind bis heute aktuell oder mal mehr oder weniger stark ausgeprägt. Wir beobachten aber eine Tendenz, dass er mehr und mehr in seiner Welt lebt. In Situationen, wo er sehr gestresst ist, sowieso, aber auch grundsätzlich werden seine Interessen immer einseitiger und seine sozialen Kontakte, wenn sie denn je ansatzweise da waren, werden immer eingeschränkter. Er scheint die meiste Zeit kaum ein Interesse an anderen Menschen oder gar Kindern zu haben. In einem kleinen Rahmen, wo er im besten Fall nur einer Person oder nur ein paar Personen gegenüber steht, da gelingt eine soziale Interaktion, wenn auch nur sehr mühsam und mit Unterstützung. Sobald die Gruppe aber zu groß wird, zieht er sich komplett zurück. In diesem Fall ist es auch völlig egal, ob ihm die Personen bekannt sind oder ob es für ihn Fremde sind.

Ich könnte hier noch endlos weitermachen, über all die Besonderheiten zu erzählen, die wir im Laufe der Jahre mit Philipp erlebt haben und die ihn einfach ausmachen. Egal, ob es seine Vorliebe ist lieber unbekleidet herumzulaufen, was er ja irgendwie als Baby schon lieber hatte, oder ob uns seine "Spinnenwerke" (s.o.) ins Wohnzimmer sperrten, seine Eigenarten beim Essen. Es ist so vieles mehr. Und vieles habt ihr in unseren Beiträgen schon erfahren oder ihr werdet darüber in kommenden Geschichten von uns darüber lesen. Neue Abenteuer mit Philipp gehen uns auf jeden Fall nicht aus.

Ja, unser Philipp ist anders.

Anders besonders.

Besonders liebenswert.

Huhuuuu! Manchmal müssen wir echt über Philipp lachen. Nicht, dass es nicht anstrengend ist, wenn er uns nächtlich auf Trab hält, aber manchmal ist es echt amüsant. Letzte Nacht bzw. Abend war wieder so ein Moment...

Der Tag ist rum, die Kinder (endlich) im Bett und was machen Eltern? Richtig, einschlafen. Naja zwar bestimmt nicht jeden Abend, aber zur Zeit zieht es uns sehr früh ins Bett. Vorschlafen, denn die Nacht endet bekanntlich ja doch etwas früher. Wir wollen uns mal nicht beschweren, denn momentan mit Durchschlafen immerhin erst um 5 Uhr etwa. Und uns ist durchaus bewusst, dass um diese Zeit für viele der Tag bereits beginnt. Trotzdem fallen uns gut und gerne um 20.30 bereits die Augen zu. Gott, wir werden alt....

Gestern sind wir also auch ziemlich schnell, nachdem die Jungs im Bett waren, ebenfalls ins Bett. Da lagen wir also so, reingekuschelt in unsere Bettdecken und ließen uns noch ein wenig vom Fernsehprogramm berieseln, da hörten wir die Tür vom Kinderzimmer aufgehen. Ein kleiner Babyelefant (so viel zum dahinschwebenden Nachtgespenst) trampelte zum Badezimmer. Das Licht blieb aus. "Das ist Philipp. Der hat wieder mal Badewasser getrunken."  Wir lauschten weiter. Die Toilettenspülung ging, die Badezimmertür viel mit einem Knall zu und das Getrampel entfernte sich auf der Treppe nach unten.

Mein Mann sprang auf und ging hinterher. Er fand Philipp im Wohnzimmer vor. Ohne Licht. Er saß auf der Couch und schüttelte seinen Kopf hin und her. Das macht er immer beim Einschlafen und beim Aufwachen. "Philipp, komm, ab ins Bett."

Philipp hatte offenbar nur Bett verstanden. Und vor dem Schlafengehen muss man was machen? Natürlich, auf Toilette gehen. Also wanderte er die Treppe wieder hoch und ging ins Badezimmer. "Philipp, du warst schon auf Toilette." Philipp reagierte nicht. Immer noch Kopf schüttelnd, setzte er sich auf die Toilette. Er stand auf und ging, vom Papa begleitet, wieder zurück ins Kinderzimmer, legte sich ins Bett, zog sich die Decke rüber und weg war er.

Das war mal eine Nachtwanderung der kürzeren Art von unserem kleinen Nachtgespenst und ließ uns noch eine Weile lachen. 

Philipp mit meiner Faschingsbrille
Philipp mit meiner Faschingsbrille
Ich hatte meine Familie gebeten einmal ihre Sicht der Dinge zu schreiben, wie sie die Situation mit Philipp erleben. Was sie darüber denken. Ich hatte ausdrücklich gebeten, dass sie einfach ehrlich schreiben sollen. Eine meiner großen Schwestern war nun die erste, die mir gestern folgenden Text schrieb. Ich hab einiges erwartet und vor allem Angst, dass Dinge kommen würden, was wir vielleicht alles falsch gemacht. Was aber dann kam, hat mich mehr als überrascht und es hat mich echt zum weinen gebracht. Es ist der Beweis, dass man nie aufhören sollte offen über Dinge zu reden, schon gar in der Familie...
"Hallo,
ich bin Manuela und eine Tante von Philipp. Meine Schwester hat mich gebeten mal meine Sicht über Philipp zu schreiben. 
Bis zu der Diagnose Schwerhörigkeit war Philipp ein glücklicher, wenn auch ein ziemlich wilder kleiner Junge. Als dann die Hörgeräte kamen, dachte ich jetzt wird’s leichter für Philipp, dass er sich nun endlich verständlich machen könnte . Aber genau das Gegenteil trat ein. Er wurde zunehmend aggressiver und wirkte zeitweise überfordert mit der ganzen Situation. Was mir auch auffiel, um so wilder Philipp wurde, um so weniger wollte auch meine Schwester außer Haus gehen. Das machte mich sehr betroffen. Denn sie, genau wie mein Schwager, sind eigentlich sehr gesellige Leute. Meine Schwester merkte bestimmt, dass nicht nur sie, sondern auch alle anderen aus der Familie mit dem Verhalten von Philipp überfordert waren. Vielleicht dachte sie auch, dass wir alle denken, sie könnte den Kleinen nicht erziehen. Als dann so überhaupt keine Besserung bezüglich der Kommunikation eintrat, begann meine Schwester vermehrt sich mit der Thematik auseinandersetzen. Letztendlich stand dann der Verdacht auf Autismus im Raum. Dadurch verstanden wir zwar manche Situationen besser, der Umgang mit Philipp war oder ist zeitweise aber nach wie vor schwierig. Das Problem ist, dass man nie weiß, wie oder warum Philipp auf etwas reagiert. Dazu kommt, dass er Gefahren überhaupt nicht einschätzen kann.
Einmal war ich mit Philipp alleine beim Bäcker und wollte ihm etwas kaufen. Da er mir aber nicht sagen konnte was er möchte, war raten angesagt. Selbst so ein kleiner Einkauf, war für mich schon durchaus eine Herausforderung. Ich hoffte also nur, dass ich es schnell erraten würde, da ich nicht wusste ob er mangels meiner Fantasie wütend wird und vielleicht auch noch auf die Straße läuft. Durch solche oder ähnliche Situationen überlegt man es sich, ob man mal auf den Kleinen für ein paar Stunden aufpasst. Auch wenn es keiner so direkt ausspricht, warum man nicht so gerne auf ihn aufpassen möchte, wusste und weiß meine Schwester den Grund sehr genau und hat sich dadurch noch weiter zurückgezogen. Das hatte zur Folge, dass sich auch Philipp immer weiter zurückzog. Ein Teufelskreis!! Nur man fühlt sich als Außenstehender relativ hilflos. Und die allgemeine Aussage "Das wird schon" ist nicht wirklich hilfreich. 
Mittlerweile gibt es aber Fortschritte. Kleine Schritte, aber für den kleinen Mann sehr große. Er versucht durch Gebärdensprache sich mitzuteilen, gelingt nicht immer, aber es wird. Wenn man ihm die Zeit lässt zu reagieren, lässt er sich auch auf neue Abenteuer ein. 
Über diese Entwicklung freue ich mich riesig für ihn und meine Schwester hat meinen größten Respekt für das, was sie die ganze Zeit leistet. Wahrscheinlich wäre Philipp jetzt nicht da, wo er momentan ist.
Er ist ein kleiner Sonnenschein, der sich sehr bemüht mit dem Alltag zurecht zu kommen. Dafür hab ich ihn einfach sehr lieb ❤."
 
Jedes einzelne Wort ist so wahr. Ja, ich hatte mich zurückgezogen. Ich hatte, das Gefühl, dass man Philipp nicht "wollte". Und ja, ich hatte auch immer das Gefühl, dass alle denken, wir würden etwas falsch machen mit Philipp. Vielleicht hätten wir einfach mal offener reden müssen.
Liebe Manuela, du sagst ihr wusstet manchmal auch nicht, wie ihr mit Philipp umgehen sollt. Aber darf ich dich daran erinnern, wer unseren kleinen Philipp, als er ein Baby war, beinahe auf jeder Familienfeier beruhigt hat? Jedes mal hat er geweint und geweint und hat sich durch nichts beruhigen lassen, nicht durch mich, nicht durch den Papa. Wir waren einfach zu nervös vielleicht, zu gestresst, weil es schon vorprogrammiert war, dass Philipp wieder zu schreien beginnen würde. Deine Ruhe und deine bunten Halstücher an denen er sich festgesehen hatte, waren der Grund, warum er dann doch immer wieder mal zur Ruhe kam. Danke!
Danke für deine Worte!

Das klingt doch auf den ersten Blick ganz einfach. Ich erkenne Stress und vermeide ihn. Wie wichtig das für unsere Kinder ist, möchte ich euch anhand unserer Erfahrungen mit Philipp, gestützt auf die Erkenntnisse aus dem Buch von Bo Hejlskov Elvén "Herausforderndes Verhalten vermeiden - Menschen mit Autismus und psychischen oder geistigen Einschränkungen positives Verhalten ermöglichen", zeigen.

Wir machen uns alle Stress und jeder erlebt ihn selbstverständlich anders. Für Autisten ist dies noch mal besonders und gerade für uns als Eltern autistischer Kinder oder Kindern mit geistiger oder emotionaler Einschränkungen liegt die Herausforderung darin zu erkennen, wann und wie unsere Kinder Stress erleben und wie man eben diesen vermeiden oder zumindest reduzieren kann.

Am Ende tut man sich und auch seinem Kind etwas Gutes.

Zuerst einmal müssen wir wissen, was Stress überhaupt bedeutet. Stress ist etwas, das sehr subjektiv wahrgenommen wird. Jeder hat seine eigene "Schmerzgrenze". Anhand des Diathesis-Stress-Modells lässt sich Stress wie folgt beschreiben. Durch bestimmte Faktoren, sogenannte Stressauslöser, steigt die Belastung eines Menschen. Signale, die persönlich unterschiedlich sein können, warnen schon vorab, wenn die Belastung zu hoch wird. Werden Stressauslöser nicht reduziert oder kommen weitere Faktoren hinzu, wird die Belastungs-Obergrenze überschritten und man verfällt in das sogenannte Chaos. 

Erweitert man das Diahtesis-Stress-Modell um Grund-Stress-Faktoren, so sieht man schnell, dass Stressauslöser, die vorher vielleicht noch knapp an der Schwelle zum Chaos waren, diese nun überschreiten. Ihr kennt das sicher von euch selbst, eine Nacht mit wenig Schlaf und schon ist man am nächsten Tag gereizter. Ähnlich kann man sich das bei unseren Kindern vorstellen, die meist ein oder gar mehrere Grund-Stress-Faktoren mit sich herumtragen. Bei meinem Sohn ganz oft einfach Schlafstörungen und seine Kommunikationsschwierigkeiten. 

Viele dieser Grund-Stress-Faktoren werdet ihr als Problem bei euren Kindern wiedererkennen. Andere sind euch vielleicht gar nicht bewusst, dass auch sie Stress auslösen können. Ich denke ja bei uns spielt das Thema Reizüberflutung zumindest im Zusammenhang mit dem Hören eine untergeordnete Rolle, da er wenn es ihm zuviel ist einfach die Hörgeräte rausmacht und dann seine Ruhe hat. Andererseits hat er aufgrund der Schwerhörigkeit auch eine höhere Höranstrengung, die ihn zusätzlich ermüdet. Einige Grund-Stress-Faktoren haben wir beispielsweise durch TEACCH zwar nicht gänzlich behoben, aber zumindest gemildert, da es uns hilft mehr Struktur in Philipps Leben zu bringen und uns auch eine (weitere) Möglichkeit der Kommunikation bietet. Genauso überdenken wir immer wieder unser Handeln, vor allem unsere Emotionen. Es ist bestimmt nicht leicht, immer ruhig zu bleiben, aber um so ruhiger man bleibt, umso ausgeglichener sind die Kinder.

Starke Emotionen treten natürlich auch situationsbedingt vor allem bei Streit und Konflikten auf, wodurch die Belastung steigt. Ich will mal behaupten eine Familie gänzlich ohne Konflikte ist doch in den meisten Fällen eher selten. Und trotzdem kann man es nicht oft genug betonen, umso unaufgeregter der Umgang mit einem autistischen Kind ist, umso ruhiger und ausgeglichener wird es sein. Man wird eine Situation viel schneller entschärfen, wenn man auf Aggressivität ruhig reagiert und auf keinen Fall das Kind durch das Demonstrieren körperlicher Stärke unter Kontrolle bringen möchte. So haben wir bei Anforderungen auch gelernt, wenn man wartet und ihm Zeit lässt, klappt es meistens. Zeit lassen, ihm die Gelegenheit lassen sich auf die Anforderung einzustellen. Wenn ich hier sitze und schreibe und mein Mann spricht mich an, so werde ich ihm auch kurz signalisieren, dass ich noch schnell meinen Satz zu Ende schreibe bevor ich antworten kann.

Damit wir mit Philipp kommunizieren können, versuchen wir natürlich nach wie vor die Lautsprache, aber auch Bildkarten und Gebärdensprache, was Stück für Stück zum Erfolg führt. So versuchen wir Tag für Tag Stress-Auslöser zu vermeiden, ja das klingt jetzt wie auf rohen Eiern laufen und ja, oft ist es so. Wir richten uns sehr viel nach Philipp. Aber wir leiden nicht darunter. Ganz im Gegenteil. All unsere Bemühungen führen dazu, dass wir ein relativ entspanntes Familienleben haben, mit Einschränkungen zwar, aber es funktioniert. Wenn wir beispielsweise zu Feiern eingeladen sind oder auf ein Fest gehen wollen, dann schauen wir immer, wie ist er drauf, wie war die Woche, der Tag. Einfach damit man es vermeiden kann, dass er auf der Feier dann gestresst ist und dort dann in egal welcher Form auffällt. Wenn wir wissen, dass noch anstrengende Tage folgen werden, dann lassen wir so eine Feier auch schon mal aus. Natürlich schaffen wir es auch nicht immer alles vorherzuplanen und so kommt es immer wieder einmal vor, dass er mit bestimmten Situationen überfordert ist. Das Thema "Essen" ist eine einzige Katastrophe bei uns. Ansatzweise essen tut Philipp nur, wenn er quasi von zwei Seiten bewacht wird, sonst rennt er grundsätzlich vom Tisch immer weg. Dass man ordentlich mit Besteck ist, haben wir bislang nahezu aufgegeben und damit er überhaupt etwas isst, müssen wir ihn meistens füttern. Also da steckt bei uns doch an den meisten Tagen reichlich Konfliktpotential dahinter.

Wenn wir also nun wissen, was die Stress-Faktoren unserer Kinder sind, dann kann man diese im besten Falle im Vorfeld schon vermeiden. Wie schon gesagt, es ist bestimmt nicht immer einfach und es bedarf sehr viel Planen und Vorausschauen, aber die Bemühungen lohnen sich. Am Ende bedeutet es nämlich stressfrei leben für die ganze Familie.

Nun lassen sich ja manche Situationen nicht grundsätzlich vermeiden, entweder weil es Grund-Stress-Faktoren sind, die sich nicht beseitigen lassen oder weil es ein spontanes Problem ist, das Stress verursacht. In diesem Fall sollte man unbedingt die Warnsignale erkennen, die einfach zeigen, dass das Kind kurz vor einer Überbelastung steht. Bei uns war es beispielsweise mit dem alten Kindergarten so. Es war so ein hinhungern zu den nächsten Ferien. Oft war Philipp bereits kurz nach den Ferien wieder so ausgelaugt, dass er zum einen total unmotiviert war und zum anderen extrem gereizt und aggressiv. Wir haben ihn dann öfter, sehr zum Missfallen des Kindergartens, mal einen Tag zuhause gelassen oder haben Ferien vorgezogen. Das war natürlich keine Dauerlösung, denn wenn ihn der Kindergarten so stresst, dann war es für ihn nicht das richtige Umfeld, was wir dann ja auch leider so erfahren haben und er nun in einen Heilpädagogischen Kindergarten geht.

Bei Philipp merkt man als erstes, wenn er sehr aggressiv wird, dass es ihm zu viel ist, er zieht sich dann mehr und mehr in seine Welt zurück und hat zu nichts mehr Lust. Was auch auffällt, dass er Dinge, die er kann, nicht mehr macht, so wird beispielsweise die Sprache schlechter. Er kämpft extrem mit Schlafstörungen, schläft schlecht ein und wacht nachts auf. In allem wirkt er unsicherer und ängstlicher, was wir von ihm so gar nicht kennen, wenn es ihm gut geht. Wenn er einer länger andauernden Überbelastung ausgesetzt ist, dann war es auch schon mal so weit, dass er regelrecht depressiv wirkte.

Wenn die Stress-Faktoren bleiben und man anfängliche Warnsignale missachtet, kommt es eben zum Überschreiten der Belastungsgrenze, das Kind versinkt im Chaos. Der sogenannte Overload. Das ist das Ergebnis einer einzelnen Stress-Situation, kann aber natürlich auch über einen längeren Zeitraum gehen, wenn es beispielsweise ein andauerndes Problem in der Schule gibt. Gewaltätigkeiten, sowohl körperliche Gewalt als auch teils stundenlanges Schreien sind eine Folge. Manche Situationen lösen Angst- und Panikattacken aus (siehe "Hurra, wir fahren nach München!"). Es kann aber auch soweit gehen, dass es zu schweren Selbstverletzungen bis hin zu Suizidversuchen kommt. Eine dauerhafte Überschreitung dieser Grenze kann zu schweren Depressionen, Psychosen, Essstörungen und Angstzuständen führen.

Zu wissen woher das Verhalten eurer Kinder kommt, bedeutet die Möglichkeit zur Handlung zu haben. Ihr könnt steuern, ob eure Kinder dieses gern beschriebene herausfordernde Verhalten zeigen oder nicht. Meines Erachtens nach hat es zumeist etwas mit Stress zu tun. Es ist nicht etwa eine Charaktereigenschaft eurer Kinder, dass sie gerne "böse" sind oder aggressiv sein wollen. Nein, es ist das Resultat eines Lebens, dem sie nicht gewachsen sind. Passt euren Alltag, das Umfeld an eure Kinder an und ihr werdet erkennen, was in euren Kindern steckt. Das ist kein Prozess, der sich von heute auf morgen vollzieht, aber es ist ein gangbarer Weg, der in erster Linie euren Kindern gut tun wird und euch auch wieder mehr Ruhe schenkt.

Ellas Blog

Jule hatte schon einen Gastbeitrag über die Schulsituation mit ihrem autistischen Sohn Edwin (15) geschrieben (beide Namen geändert).Nun berichtet sie darüber, wie es weiterging und wie sich die momentane Familiensituation gestaltet. Vielleicht ein Erfahrungsbericht, in dem sich einige wiederfinden. Gastbeitrag von Jule: Wie schon vorher mal berichtet, lief es in

The post Jule über den Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik und den Umgang mit Diagnosen in der Familie appeared first on Ellas Blog.

 

Wer braucht schon Schlaf? Ist schlafen nicht völlig überbewertet? Man könnte fast meinen, dass für Philipp schlafen wirklich eine lästige Nebensache des Lebens ist. Aber das war nicht immer so.

Was waren wir stolz auf Baby Philipp. Wir waren kaum vom Krankenhaus zuhause und schon klappte das mit dem Durchschlafen nachts. Ja, durchschlafen! Ich weiß noch genau, wie erschrocken ich morgens um kurz vor 7 aufwachte, nach unserer ersten Nacht zuhause, und dachte: "Oh mein Gott, ich hab den armen Philipp nicht gehört, weil ich so fest geschlafen hab". Ein schlechtes Gewissen überkam mich, dass mein süßes Baby nachts nicht gestillt wurde. Und natürlich überkam mich der schreckliche Gedanke, ob er denn schon noch atmete. Schließlich sollte er doch nachts wach werden und hunger haben. Unmöglich, dass er einfach so durchgeschlafen hatte. Und dann schaute ich in seine Wiege und da liegt er, ganz friedlich schlummernd. Ab da ging es mehr oder weniger so weiter. Ganz sicher, wir hatten riesiges Glück ein so einfaches Kind bekommen zu haben.

Aber es sollte ja nicht so bleiben....

Zunächst verlief alles reibungslos, selbst der Auszug aus unserem Bett in sein eigenes Bett und Zimmer. Alles hat Philipp so mitgemacht, kein weinen, nichts. Ein glückliches Baby (was das Schlafengehen betraf). Mit einem guten Jahr fing es dann an, dass er abends immer geweint hatte, wenn wir ihn ins Bett brachten. Es war jeden Abend das gleiche Ritual, gemeinsam kuscheln und dann ins Bett legen und das war gut so für ihn. Aber plötzlich eben nicht mehr. Er weinte und weinte. Erst nach mindestens zwei Stunden konnten wir ihn hinlegen. Es wurde aber immer extremer. Ich sang für ihn, wiegte ihn im Arm, mit Nachtlicht ohne Licht, Tür auflassen, alles haben wir versucht, aber es änderte nichts daran, dass er nicht mehr ohne Schreien einschlief.

Irgendwann, wir waren mittlerweile in unser jetziges Haus gezogen und ich war bereits schwanger, war es dann so extrem, dass er nicht einmal mehr in seinem Bett liegen blieb. Ich legte ihn in sein Bett, sang ihm seine Gute-Nacht-Lieder vor, kuschelte mit ihm bis er halbwegs runterkam. Anders brauchte ich es gar nicht erst versuchen das Zimmer zu verlassen. Doch das änderte nichts daran, dass ich mehrmals am Abend noch mal in sein Zimmer musste um ihn wieder hinzulegen. Er kletterte immer und immer wieder aus seinem Bett heraus. Das ganze zog sich dann gerne bis Mitternacht so hin. Ich war wirklich verzweifelt, zumal ich zu diesem Zeitpunkt abends aufgrund der Spätschicht meines Mannes immer alleine war.

Irgendwann habe ich dann wirklich aufgegeben. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt einfach nicht mehr. Also haben wir es uns allabendlich gemeinsam in unserem Bett oder auf der Couch gemütlich gemacht und wir haben tausende male entweder "Eiskönigin" oder "Dschungelbuch" angeschaut. Bis der Papa nach Hause kam, hat er dann doch geschlafen und mein Mann hat ihn ins Bett getragen. Uns ist schon klar, dass das nicht das beste so war, aber wie gesagt, ich hatte zu dem Zeitpunkt einfach nicht mehr gewusst, was ich noch tun soll.

Diese zweite Phase, in der er diese Einschlafprobleme hatte, ging lange. Bis ins Alter von 3 Jahren gehörte das eigentlich zu unserem täglichen Programm und dann wurde es zeitweise besser und wieder schlechter. Wir hatten dann langsam, auch weil wir mehr und mehr merkten, dass er in vielerlei Hinsicht anders ist, einiges in unserem Leben überdacht und auch was wir alles mit ihm anders machen müssten. Das führte dazu, dass wir unseren Alltag anfingen mehr zu strukturieren, auch für ihn verständlich zu strukturieren. Was unabdingbar war, um diese Einschlafprobleme zu vermeiden, feste Schlafenszeiten. Keine abgeänderten Schlafenszeiten fürs Wochenende oder Ferien. 

Es kam die Zeit da waren wir dann schließlich soweit, dass er, zwar nur im Beisein von mir oder dem Papa, innerhalb von einer oder eineinhalb Stunden eingeschlafen ist. Aber wenn eine Sache funktioniert, wartet ja meist schon das nächste Problem um die Ecke. Nun beschloss der liebe Philipp mitten in der Nacht aufzustehen und durchs Haus zu wandern, teilweise so leise, dass wir es gar nicht gehört hatten. Er ging dann ins Wohnzimmer runter, saß dann da im Dunkeln und mampfte glücklich Schokolade, die er sich aus dem Schrank geholt hatte. Mal bastelte er irgendwas weiter, was er tags zuvor angefangen hatte oder er schaltete sich den Fernseher an. Und so blieb er gut und gerne zwei bis drei Stunden oder für den Rest der Nacht wach. Nächte über Nächte schlugen wir uns so um die Ohren und gingen zeitweise echt auf dem Zahnfleisch.

Probleme rund ums Schlafen kommen bei Menschen mit Autismus oder geistigen Behinderungen sehr häufig vor. Bei uns sind es immer wieder Einschlafprobleme und auch Durchschlafprobleme. Vor allem, wenn ein Tag sehr anstrengend, sehr aufregend war, dann merkt man es wieder extrem, dass er noch weniger zur Ruhe kommt als sonst eh schon. Oder der absolute Horror, jedesmal zur Zeitumstellung. Danach brauchen wir wirklich wieder Wochen bis er wieder einigermaßen im Rhythmus ist.

Wir achten sehr auf einen strukturierten Tagesablauf, einen immer gleich bleibenden Tag-Nacht-Rhythmus, haben auch eine Gewichtsdecke für ihn, die anfänglich Besserung hoffen lies, probieren Lavendelbäder etc. Nichts hat das Problem gänzlich beseitigt und wir hangeln uns immer weiter von guten zu schlechteren Schlafphasen.

Wir haben akzeptiert, dass wir den Schlaf nehmen müssen, wie wir ihn bekommen. Genauso haben wir es so hingenommen, dass er von heute auf morgen panische Angst vor seinem Hochbett hatte, seitdem auf einer Matratze schläft und auch kein neues Bett haben will. Noch liegt seine Matratze neben dem Bettchen seines Bruders. Noch stört es Florian nicht, dass Philipp abends neben ihm liegt und seine Geräusche beim Einschlafen macht. Irgendwann wird er nicht mehr einschlafen können, denke ich mal, wenn Philipp so unruhig ist. Ich hoffe, dass Philipp bis dahin alleine schlafen kann, ohne dass er seinen Bruder als Sicherheit neben sich braucht.

Philipp ist besonders. Er lebt besonders. Er schläft besonders.

Schafe zählen hilft bei ihm nicht und sein Hahn kräht auch schon mal um 3 Uhr.

 

Ich bin mir sicher, dass sehr viele von euch diese Problematik kennen. Ihr zeigt Verständnis für Dinge, die eure besonderen Kinder einfach nicht anders können. Nicht weil sie nicht wollen oder weil sie sich nicht genug bemühen. Nein, sie können einfach schlichtweg nicht anders handeln. Der eine darf im Winter barfuß rauslaufen, der andere isst mit 8 Jahren noch mit den Händen, ein anderer sitzt den ganzen Tag am Tablet. Und immer wieder bekommt man von außen den Vorwurf zu hören, man dürfe seinem Kind ja nicht alles durchgehen lassen. Du musst dein Kind schon erziehen.

Boa! Wie so etwas nervt. Natürlich erziehen wir unsere Kinder. Es gibt Regeln und vor allem Strukturen. Wahrscheinlich ist unser Alltag strukturierter als bei manch anderen Familien mit "normalen" Kindern. Ohne diese Strukturen würde nämlich hier gar nichts funktionieren. Aber gut. Ich böse Mama lasse meinen fast 6-jährigen Sohn beispielsweise auch am Tablet spielen und er darf auch fernsehen. Nicht weil ich meine Ruhe haben möchte. Aber auch ohne Medien, wusste Philipp noch nie sehr viel mit Spielsachen anzufangen. Er spielt schon, aber eben nicht wie andere Kinder. Klar, hatte ich die Illusion, wenn wir ihm ein Tablet kaufen, dann würden nur wertvolle Förderspiele darauf sein. Ganz ehrlich, ich muss immer noch manchmal über meine Naivität lachen. Er brauchte nicht einmal eine Woche bis er herausfand wie man Spiele runterlädt. Aber nun gut, wir sehen es halt jetzt so, dass er sich mit mehr beschäftigt, als den ganzen Tag mit seinen imaginären Aufzügen zu fahren. Wir akzeptieren es, wenn auch reglementiert, so lange es funktioniert und er sich auch auf andere Dinge einlässt.

Akzeptieren, dass die Dinge mit einem besonderen Kind einfach manchmal anders laufen. Verständnis haben. Das ist das, was unsere Erziehung ausmacht. Jeder kennt das. Man weiß, wie man selbst erzogen wurde, übernimmt diese Art bewusst oder unbewusst. Andere schlagen vielleicht gerade deshalb auch einen komplett anderen Weg ein. Auf jeden Fall, wird die Art und Weise, wie wir selbst erzogen wurden, unser Erziehungsverhalten beeinflussen.

Aber was mache ich, wenn ich ein besonderes Kind habe und plötzlich all meine Kenntnisse über Erziehung absolut nicht greifen? Um konsequent zu erziehen muss mein Kind auch die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung erkennen. Wenn ein Kind die Folgen seines Handelns nicht versteht, wie soll dann eine daraus resultierende Reaktion aussehen? Einfach nur auf natürliche Konsequenzen, die sich aus dem Handeln ergeben, kann man bei einem Kind mit geringem Gefahrenbewusstsein auch nicht setzen.

Die Lösung ist für uns auf jeden Fall Verständnis und ein Bewusstsein dafür zu haben, dass man ein Kind hat, das anders denkt, fühlt und durch seine Wahrnehmung oft anders handelt. Natürlich sagen wir zu ihm, dass wir es nicht schön finden, wenn er etwas "falsch" macht oder er muss sich bei seinem Bruder entschuldigen, wenn er diesen gebissen hat. Aber wir wissen auch, dass das was Philipp ausmacht, uns immer begleiten wird. Wir können also die ganze Zeit maßregeln für Dinge, die er am Ende doch nicht ablegen kann, oder wir akzeptieren es und schauen stattdessen, dass wir unseren Alltag so gestalten, dass er gar nicht erst zu einem "Fehlverhalten" kommt.

Bei uns läuft absolut nicht alles perfekt. Bei wem schon. Und auch, wenn ich es sehr harmonisch und ruhig mag, so eskaliert es bei uns zuhause auch immer wieder mal. Bei uns gehört streiten und schimpfen genauso zu unserem Leben wie lachen und lieben. Und auch wenn ich ein eher hitziger Mensch bin, ist es mittlerweile schon so, dass wir uns bei Philipp um einen sehr ruhigen Umgang bemühen. Und es zahlt sich definitiv aus. Umso ruhiger, unaufgeregter wir sind, umso entspannter ist Philipp und somit unser kompletter Alltag.

Verständnis aufbringen. Das wichtigste in der Erziehung eines besonderen Kindes. Das bringt auch mit, dass meine Erwartungshaltung an das Kind sich an dieses anpasst, ich geduldig und ohne Zwang Aufforderungen stelle. Und ja, es heißt auch, dass ich in manchen Situation von meinem Vorhaben absehe und nachgebe.

Nachgeben. Oder wie manche sagen würden, dem Kind seinen Willen durchsetzen lassen. Mag vielleicht im Falle eines normalen Kindes falsch sein. Ich würde sagen, wenn sich ein Kind gegen etwas wehrt, dann steckt immer etwas dahinter. Muss man dann wirklich mit Zwang arbeiten, nur weil der Wille eines Erwachsenen mehr zählt. Ich will jetzt hier auf keinen Fall eine Grundsatzdebatte vom Zaun brechen über die Art und Weise wie man richtig erzieht. Das soll jeder für sich entscheiden und jeder macht es egal wie richtig. Ich möchte nur sagen, dass manchmal muss man vielleicht einfach hinterfragen, warum denn ein Kind gerade das nicht möchte oder kann, was man als Mama oder Papa von ihm will. Bei einem besonderen Kind, kann die Reaktion auf eine Anforderung mitunter schon mal eskalieren. Wutausbrüche, schlagen, schreien. Wenn so etwas bei uns passiert, breche ich in dem Moment ab. Ja, ich gebe nach. Was nicht heißt, dass ich das was ich möchte, nicht trotzdem erreichen will mit Philipp. Aber ich überdenke die Situation. Habe ich es falsch formuliert? Hat er mich nicht richtig verstanden? Muss er erst eine für ihn (vielleicht auch nur gedankliche) Handlung abschließen? Oder ist er mit der Art der Anforderung überfordert? Während ich also die Situation überdenke, gebe ich Philipp den Raum sich zu beruhigen. Und erst dann, wenn er wieder vollkommen ruhig ist, trete ich wieder an ihn heran und versuche es erneut, aber in angepasster Form.

Ist das nachgeben? Nein. Es ist eine verständnisvolle Erziehung.

Mir wurde mal, nachdem ich ein Beispiel eines missglückten Erziehungsversuches erzählte, gesagt, dass Philipp eine sehr große Macht über mich hat. Ich war entsetzt über diese Aussage, war aber wirklich zu müde mich wieder rechtfertigen zu müssen. Es ging um folgende Situation:

Philipp hatte vor nicht allzu langer Zeit beschlossen, dass er sich permanent im Auto abschnallte. Jedes mal, wenn das Auto zum Stehen kam, war der Gurt ab. Und nicht nur dann. Nein, irgendwann begann er damit, dass er während der Fahrt sich abgurtete und anfing von hinten nach vorne klettern zu wollen. Passierte schon auf der Autobahn innerhalb einer Baustelle ohne Standstreifen, auf der Bundesstraße usw. Ich war dann irgendwann so verzweifelt, dass ich eine Erziehungsmethode versuchte, auf die wahrscheinlich schon viele Eltern kamen. Der Satz aller Sätze in diesem Fall fiel. Wenn du deinen Gurt wieder wegmachst, dann musst du aussteigen und die Mama fährt alleine weiter. Gesagt getan, Philipp schnallte sich wieder ab, ich fuhr rechts ran und sagte ihm, er solle aussteigen. Er tat das auch, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Ich stieg ein und fuhr an (keine Sorge, wir waren auf einem Privatweg ohne Verkehr) und beobachtete ihn im Rückspiegel. In dem Moment als ich ihn so regungslos da stehen sah ohne jegliche Emotion, war mir klar, was ich für einen Blödsinn da machte. Es machte absolut keinen Sinn, denn er hatte nicht verstanden, was ich von ihm will. Ich blieb also nach wenigen Metern stehen und hab ihn wieder ins Auto geholt. Er zeigte weder Erleichterung, noch zeigte er sonst irgendeine Reaktion. 

Und eben aufgrund dieser Geschichte, kam die Person zu dem Schluss, dass Philipp über mich die Macht hat. Aber ich frage mich, wo hätte es hinführen sollen? Hätte ich ihn stehen lassen sollen und in fünf Minuten zurückkommen? Ich habe eine falsche Entscheidung getroffen. Eine Entscheidung, die nicht vernünftig war, sondern lediglich auf Verzweiflung beruhte und als ich dies merkte, beendete ich diesen lächerlichen Versuch. Da war keine ausgeübte Macht, keine Manipulation von Philipp mir gegenüber und es war kein Nachgeben meinerseits. Es war einfach der falsche Weg. Wir haben schließlich durch viel kommentarloses Stehenbleiben, Angurten und auch vorne sitzen dürfen, es irgendwann geschafft, dass er den Gurt bis heute nicht mehr selber und schon gar nicht während der Fahrt abmacht.

Anderen in die Erziehung der Kinder einreden, sich ein Urteil schon von einer Situation bilden, ist ein Problem, das schon immer bestand und immer bestehen wird. Mit einem besonderen Kind, das sich halt oft nicht so benimmt, wie es die Gesellschaft erwartet, ist man da noch mehr der Kritik anderer ausgesetzt. Ich bin ehrlich, wenn Philipp draußen einen seiner Anfälle bekommt, will ich auch nur allzu oft davonlaufen. Nervige Blicke und gut gemeinte oder auch blöde Kommentare. Und obwohl ich es ja nicht aus Hilflosigkeit mache, dass ich sein Brüllen erst mal so hinnehme und Abstand halte, komme ich mir in diesem Moment, wo alle Blicke auf uns gerichtet sind, wie die schlechteste Mutter aller Zeiten vor. Ja und dann steht der gerade noch schreiende Philipp auf und ich inkonsequente Mutter kauf ihm auch noch einen Lutscher. Ja kaufe ich ihm. Die Situation ist vorbei und wir wollen einfach positiv weitermachen und das leitet der Lutscher ein (natürlich ist es nicht jedes mal ein Lutscher). Mittlerweile stehe ich da ziemlich drüber. Ich lass mich nicht zu einem Handeln zwingen, was am Ende die Situation nicht entschärft sondern verschlimmert.

Denn ich muss nicht handeln, wie es andere erwarten und mein Kind muss nicht sein, wie andere es haben wollen!

Wir haben ein Verständnis für unseren Sohn entwickelt um ihm den Raum zu lassen, der zu sein, der er ist und nicht zu sein, wie wir ihn haben wollen. Somit muss er nichts, aber wir sind da, um ihm zu zeigen, was er kann.

Verständnis und Liebe führen dazu, dass er sich weiterentwickelt. Kein Zwang und Muss bringt ihn zum Dazulernen. 

Und so wie bei uns Verständnis und Erziehung Hand in Hand gehen, so gehen wir auch Hand in Hand mit Philipp. Wir lernen jeden Tag dazu. Und vor allem lernen wir voneinander.